Zertifizierungen

Einige Zertifizierungen haben bedeutende Vorteile für Kleinproduzent*innen gebracht. Verbesserungen für Arbeiter*innen durch Zertifizierungen sind schwerer auszumachen, da diese Zertifizierungen die Arbeit von unabhängigen Gewerkschaften oft zu wenig unterstützen.

Bananen etikettieren, © BanaFair

Gewerkschaften sind aber das beste Mittel der Arbeiter*innen, um ihre Rechte zu verteidigen, ein existenzsicherndes Einkommen zu erlangen und ihre Umwelt zu schützen.

In jedem Fall ist die ordnungsgemäße Umsetzung nationale und internationaler Gesetze diesen freiwilligen Standards vorzuziehen. Sharon Burrow, der Generalsekretär der ITUC (International Trade Union Confederation) stellte klar: „Private Standards dürfen kein Ersatz werden für eine Staatspolitik mit demokratischen und politisch repräsentativen Verfahrensweisen.

Bio-Zertifizierung

Die Bio-Zertifizierung ist eine Zertifizierung und Etikettierung durch dritte Organisationen. Sie deckt alle Aspekte in der Landwirtschaftsproduktion sowie im Tier- und Wildartenschutz ab und verbietet unnötige und schädliche Futterzusätze bei der Produktion von Bioprodukten. Alle bio-zertifizierten Produkte müssen strenge Regeln auf nationaler, EU- und internationaler Ebene einhalten. Kontrolle und Zertifizierung werden von unabhängigen Zertifizierungsunternehmen durchgeführt.

Vorteile
Die Biozertifizierung hat sich Verdienste erworben bei der Minderung von Umweltschäden durch die Landwirtschaft, z.B. Minderung von

  • Bodenerosion
  • Einsatz gentechnisch veränderter Organismen (GVO)
  • Verlust an Artenvielfalt
  • Übertriebenem Einsatz von Agrarchemikalien
  • Ausschwemmung in Seen, Flüsse und das Grundwasser

Außerdem können die Einsparungen bei Agrarchemikalien und Dünger zusammen mit mehr Nachfrage nach manueller Arbeit das Einkommen besonders in den Produzentenländern erhöhen.

Verbesserungspotential

  • Bio-Zertifizierung achtet nicht genügend auf soziale Aspekte und Prozesse, die zu nachhaltigen Produktionssystemen und Landwirtschaften dazugehören.
  • Bio-Zertifizierung ist zudem sehr teuer und anspruchsvoll für kleine und mittlere Produzentenorganisationen. Sie brauchen deshalb meistens finanzielle Unterstützung, um sich zertifizieren lassen zu können.
  • Bio-Zertifizierung adressiert die Beziehungen innerhalb der bestehenden Agrarhandels- und Vertriebsketten nicht. Daher bleiben wirtschaftliche Vorteile für die Produzent*innen und Arbeiter*innen in Entwicklungsländern nach wie vor weitgehend unerfüllt.

Fairtrade-Zertifizierung

Vor 20 Jahren wurde innerhalb der Fairhandelsbewegung noch keine Produktzertifizierung verwendet. Die traditionellen Fairhandelsorganisationen setzten ihre Vorstellungen vom Fairen Handel gemeinsam mit Weltläden und Aktionsgruppen in integrierten Lieferketten um. Um den Mainstream-Markt zu erreichen und dort mit Hilfe von konventionellen Unternehmen, die sich nicht zu 100% dem fairen Handel verschrieben haben, zu expandieren, entstand dringender Bedarf an einer unabhängigen Zertifizierung. Diese soll die Verantwortung von Handelsunternehmen und Produzenten für die Produktionsbedingungen einbeziehen und entsprechende Fair-Trade-Kriterien anwenden. Deshalb führte 1988 das in den Niederlanden ansässige ökumenische Hilfswerk Solidaridad eine Zertifizierung mit dem Label Max-Havelaar ein. Ähnliche Initiativen folgten in anderen europäischen Ländern und in Nordamerika. In den späten 1990er Jahren taten sich vorher unabhängige Standardisierungs – und Zertifizierungsorganisationen zusammen und gründeten die Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) als Instanz der Fair-Trade-Siegel-Initiativen in verschiedenen Ländern Europas, Amerikas und Asiens sowie in Australien. Sie führten eine gemeinsame Fairtrade-Marke ein. Seit 2012 nennt sich FLO Fairtrade International (FI).

Die allgemeinen Fairtrade-Standards und die Standards für einzelne Produkte werden von FI aufgestellt, während die Fairtrade-Zertifizierung von FLOCert GmbH (im Besitz von FI) durchgeführt wird, in Zusammenarbeit mit Auditoren und Inspektoren in aller Welt. Fairtrade-Standards werden als Lösungsansätze für die Probleme durch das ungleiche Kräfteverhältnis in den Handelsbeziehungen, die schwankenden Absatzmärkte und die Ungerechtigkeit im konventionellen Handel entwickelt. Deshalb wenden sich Fairtrade-Standards an Produzent*innen und ihre Handelspartner.

Vorteile
Das System von Fairtrade International wird aus verschiedenen Gründen weithin geschätzt:

  • Es ist transparent, glaubwürdig und geschäftsorientiert.
  • Alle beteiligten Akteure sind unter den FI-Mitgliedern vertreten – Die nationalen Siegelinitiativen in Europa, Nordamerika, Australien und Asien ebenso wie Produzentennetzwerke in Asien, Afrika, Lateinamerika und der Karibik.
  • Es beruht auf sozialen, finanziellen und ökologischen Prinzipien und bietet die Mittel, sie in die Praxis umzusetzen.

Verbesserungspotential
Der Vorteil des Systems von Fairtrade International liegt in der Zusammenarbeit mit den Organisationen der Kleinproduzent*innen (meistens Genossenschaften und Genossenschaftsverbände). Jedoch ist Fairtrade International kürzlich das Ziel öffentlicher Kritik in Europa und Lateinamerika geworden, weil das Problem der fehlenden Gewerkschaftsfreiheit auf zertifizierten Plantagen in Lateinamerika nicht angegangen worden war. Fairtrade International »Standard für lohnabhängig Beschäftige« (Standards for Hired Labour) wurde im Jahr 2014 überarbeitet, um das Recht der Arbeiter/innen zu stärken, sich zu organisieren und Tarifverhandlungen zu führen, sowie ihnen mehr Kontrolle darüber zu geben, wie sie die Fairtrade-Prämie verwenden. Fairtrade International führt auch eine neue Methodik zur Setzung von Maßstäben für existenzsichernde Löhne ein sowie ein klares Verfahren für Plantagen, um in Richtung existenzsichernder Löhne voranzugehen.