Gelungener Auftakt der Fairen Woche in Hamburg mit Joaquín Vásquez aus Ecuador und Kochprofi Ole Plogstedt

Faire Stadt Hamburg 2016
© Christian Wiehle @ Fair Trade Stadt Hamburg 2016

„Fairer Handel wirkt!“ – Unter diesem Motto hat die Fair Trade Stadt Hamburg die Faire Woche in Hamburg eröffnet. Weit gereister Gast beim fairen Showkochen mit Ole Plogstedt, Oxfam-Kampagnenbotschafter von „Make Fruit Fair!“ ist Joaquín Vásquez, Geschäftsführer von UROCAL, einem Kleinbauernverband aus Ecuador.

„UROCAL ist ein sehr gutes Beispiel für die Wirkungen des Fairen Handels“, erklärt Christine Priessner von der Fair Trade Stadt Hamburg. „Fair-Handels-Prinzipien wie langfristige Handelspartnerschaften, existenzsichernde und stabile Preise, sowie Zuschüsse für Sozialprojekte ermöglichen den Produzentenfamilien, ihre Kosten für Lebensmittel, Wohnung, Bildung und Gesundheit zu decken. Sie erhalten dadurch Unabhängigkeit und Sicherheit. Nach einem längeren Umstellungsprozess und Pionierarbeit konnte UROCAL als einer der ersten Produzenten in Ecuador im Jahr 2001 die Produktion dann auf bio- und Naturland Zertifizierung umstellen. Die fair gehandelten Bio-Bananen von UROCAL sind derzeit die einzigen Bananen mit Naturland-Siegel und werden von der Fair-Handels-Organisation BanaFair importiert.“ UROCAL, die „Regionale Union der Bauernorganisationen der Küstenregionen“, vereint gut zwei Dutzend Dorfkooperativen, Produzentenvereinigungen und Frauenkomitees. Darunter sind 120 Bananenbauern.

Erfahrungen mit dem konventionellen Bananenanbau

Von der Notwendigkeit eines Umdenkens im Welthandel hat sich Ole Plogstedt im Januar 2016 selbst vor Ort überzeugt. Für Oxfam ist er nach Ecuador gereist und hat Bananenplantagen besucht. Sein Resümee: „Wie die Bananenarbeiter/innen im konventionellen Bananenanbau behandelt werden, macht mich wütend. Während Supermärkte, Händler und Frucht-Firmen ihren Schnitt machen, verdienen die Plantagen-Arbeiter/innen in Ecuador so wenig, dass ihre Familien unter der Armutsgrenze leben müssen. Und das bei Arbeitszeiten von bis zu zwölf Stunden am Tag. In das Ausbeutungssystem von Hungerlohn und unbezahlten Überstunden reihen sich weitere Missstände ein: keine Arbeitsverträge, keine Anmeldung im Sozialsystem, unbezahlter Urlaub, Arbeitskleidung und Werkzeuge werden nicht gestellt. Wer sich organisiert, muss mit Repressalien rechnen – von Entlassung bis hin zu Morddrohungen. Sogar selbstverständliche Dinge sind schwierig. Ein Arbeiter hat uns erzählt, dass ihm bereits zwei Mal kein Lohn ausgezahlt wurde. Er hat sich nicht getraut, den Chef darauf anzusprechen. Denn wer aufmuckt, wird schnell entlassen, landet auf

der schwarzen Liste und kriegt nie wieder einen Job im Bananen-Sektor. Auch was die Arbeiter/innen über den Pestizideinsatz auf den Plantagen erzählt haben, hat mich erschüttert. Regelmäßig werden die Bananen per Flugzeug mit Pestiziden gegen Schädlinge und Pflanzenkrankheiten besprüht, ohne Rücksicht auf die Arbeiter/innen. Mehrere Arbeiter/innen haben erzählt, dass sie teilweise beim Mittagessen sitzen und ihnen das Essen auf dem Teller verpestet wird. Oder sie arbeiten in der Plantage und bekommen den Giftnebel voll ab. Bei nur einigen wenigen Unternehmen werden die Arbeiter/innen vor dem Pestizid-Einsatz informiert. Da bleibt einem die Banane im Halse stecken!“

Wirkungen des Fairen Handels hierzulande

Und die Wirkungen des Fairen Handels hierzulande? „Nicht zuletzt Berichte wie der von Ole Plogstedt sorgen dafür, dass das Bewusstsein für Produktionsbedingungen wächst, unter denen unsere Konsumgüter jenseits des Äquators angebaut und hergestellt werden“, betont Christine Priessner. „Und mit dem Bewusstsein wächst der Wunsch nach fair gehandelten und ökologisch unbedenklich produzierten Lebensmittel und Waren.“ 11 % Wachstum beim Absatz von fair gehandelten Waren in Deutschland allein im Jahr 2015 sprechen eine deutliche Sprache.

Gleichzeitig stimmt auch, dass die Konsument*innen mit ihrem bewussten Kaufverhalten alleine das Ruder nicht werden herumreißen können. „Politik und Wirtschaft müssen reagieren und internationale Handelsverträge gerechter gestalten, indem sie Mensch und Natur ins Zentrum des Handelns rücken“, appelliert Christine Priessner. „Seit 40 Jahren machen die Fair-Handels-Organisationen vor, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Eine nachhaltige Entwicklung für Mensch und Natur ist möglich, wenn man will.“ Übrigens sind kleinbäuerliche Betriebe durch die bestehenden Rahmenbedingungen auch in Europa und Deutschland in ihrer Existenz gefährdet und brauchen verlässliche und faire Handelspartnerschaften, um zukunftsfähig zu sein. Der Öko-Verband Naturland zertifiziert deshalb seit 2010 auch landwirtschaftliche Betriebe aus dem Norden, die soziale Standards einhalten, bekannt als Naturland Fair.

Quelle: Fair Trade Stadt Hamburg

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